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Wie wär's mit einem perfekten
Abend?
Kennen
Sie das auch: Sie sitzen abends vor dem Fernseher, die kostbare Zeit
vor dem Schlafengehen beträgt noch genau 100 Minuten, jene Zeit, in
der Sie sehr gut einen Kinofilm anschauen, eine DVD einlegen könnten,
eine, die Sie schon vor über einem Monat sehr preiswert im
Sonderangebot für nur 14,90 Euro erstanden haben, mit dem Gedanken,
dass Sie den Film ja eigentlich schon im Kino ansehen wollten, der
Kollege hatte doch so davon geschwärmt, nur leider sind Sie aus
irgendeinem Grund nicht dazu gekommen - warum eigentlich nicht?
Nun
stehen Sie vor dem Regal, in dem Ihre DVDs fein säuberlich geordnet
nach..., fein säuberlich geordnet nach... - na ja, nach der
Reihenfolge des Kaufens halt stehen, bis auf „Amelie“, diesen
langweiligen Weiberfilm haben Sie ja für Ihre Frau gekauft und der
steht irgendwo, wo grade Platz war, weil Sie doch dem Harald vor
einem halben Jahr eine DVD ausgeliehen haben, und der Platz ist
immer noch frei und da hat es sich halt angeboten, die Amelie mal
eben reinzustellen, damit es nicht so leer ausschaut, und außerdem
findet Ihre Freundin den Film dann nicht so schnell und vergisst ihn
vielleicht sogar. Aber Mensch, der Harald könnte auch mal wieder
mit der DVD rüberwachsen. „Stirb langsam“, der wäre jetzt
genau der richtige Film, auf den hatten Sie ja schon lange mal
wieder Lust.
Aber
gut, Harald hat den Film immer noch bei sich, der braucht ja eh
immer so lange, bis er sich mal was anschaut und zurückgibt. So ist
das halt mit den Familienvätern, da bestimmen halt die Frauen, was
geschaut wird. Nicht bei Ihnen, Sie wählen selbst, und Sie werden
sich jetzt endlich die DVD ansehen, die Sie vor gut einem Monat zum
Schnäppchenpreis von nur 14,90 Euro sich gesichert haben, damals,
als Sie eigentlich nur neue Batterien für den Funkwecker Ihrer
Freundin mitbringen sollten, den verdammten Wecker, der sowieso
immer zu früh klingelt, wenn Sie noch den wertvollsten Teil Ihres
Schlafs vor sich hätten, und dann sehen Sie da diese DVD - ganz
neu, Sonderangebot - und als Sie an der Kasse schon eine Weile
stehen, hinter Ihnen die Schlange bereits länger geworden ist, da fällt
Ihnen, als Sie so den Text auf der DVD-Rückseite lesen, plötzlich
ein, dass Sie ja die Batterien ganz vergessen haben, aber jetzt
haben Sie auch keine Lust mehr, sich noch einmal anzustellen, und so
haben Sie nur die DVD gekauft und Ihrer Freundin erzählt, dass Sie
ja gern Batterien gekauft hätten, aber bei dem vielfältigen
Angebot einfach nicht wussten, welche die richtigen sind, und Sie
wollten ja um Gottes willen keine falschen holen, denn Sie wüssten
ja, dass Ihre Freundin so eine Verschwendung gar nicht schätzt.
Gut,
nun haben Sie diese DVD also im Regal stehen, und noch 100 Minuten
Zeit, okay eigentlich nur noch 95 Minuten, die Freundin kommt dann
von ihrem Weiberabend heim, zwar Cocktail-besänftigt, aber
nichtsdestotrotz aufbrausend, wenn Sie dann nicht mit Ihrem ach so
brutalen Film fertig sind und mit ins Bett kommen. Also, wo ist denn
nun die DVD, wo ist sie denn.... - apropos, wie hieß sie denn
eigentlich noch mal schnell?? Ihnen wird klar, Sie haben es
vergessen. Sie haben tatsächlich vergessen, wie die DVD heißt, die
Sie vor nicht viel mehr als einem Monat für nur 14,90 Euro mit nach
Hause genommen haben. Kann das wahr sein? Und außerdem steht sie
nicht da, wo sie eigentlich hingehört, an das äußerste Ende der
Reihe der neu gekauften DVDs, sie ist nicht da, futsch, und wie
sollen Sie nach ihr suchen, wenn Sie nicht einmal wissen, wie sie
heißt? Der Film, der am äußersten Ende steht, ist es jedenfalls
nicht. Moment mal, haben Sie den überhaupt schon gesehen? Worum
ging es darin noch mal? Es fällt Ihnen nicht ein. Und wo Sie dabei
sind, der Film davor, an den können Sie sich auch nicht so recht
erinnern. Oder hatten Sie den an dem Abend gesehen, wo Sie sich mit
Ihrer Freundin (mal wieder) gestritten hatten, und dann aus lauter
Trotz bis tief in die Nacht Fernsehen geschaut haben, obwohl Sie
viel zu müde waren und sich danach an nichts mehr von der Handlung
erinnern konnten? Das würde ja auf den Film zutreffen. Aber, um
ehrlich zu sein, es passt auf die letzten fünf Filme, die da im
Regal stehen. Und wenn Sie sich die alle so jetzt anschauen, so
wirklich Lust haben Sie eigentlich auf keinen von den Filmen.
bestenfalls noch auf den, den Sie nicht finden, dessen Namen Ihnen
jetzt partout nicht einfällt, und der, wenn er Ihnen doch noch
einfallen würde, womöglich auch längst bei Harald in der
Schublade da liegt und verrottet, und DVDs brauchen lange, bis sie
verrotten, aber der Harald, der schafft es bestimmt, sie so lange zu
behalten.
Und
gerade, als nur noch 87 Minuten Zeit übrig sind, und Sie aus lauter
Verzweiflung schon zu der kompletten Season von Emergency Room
greifen wollen, da hören Sie den Schlüssel in der Tür drehen,
Ihre Freundin kommt heim, jetzt schon, viel zu früh, aber sie kommt
nicht allein, und nach dem Lärm und dem Gekicher und dem Gegacker
zu urteilen auch nicht zu zweit oder zu dritt, sie bringt
anscheinend ihren ganzen Weiberabend mit hierher, und dann steckt
sie den Kopf ins Wohnzimmer, „du bist ja noch auf, das trifft
sich!“ und als Sie sich noch fragen, warum sich das trifft, und
einen letzten Funken Hoffnung haben, der Abend könnte irgendwie
durch irgendein Wunder halbwegs gerettet werden, Sie haben nur keine
Ahnung wie, da sagt Ihre Freundin die vernichtenden Worte: „Leg
uns doch schon mal die Amelie-DVD ein, hol den Wein aus dem Keller
und setz dich zu uns...“
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